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TG-Klasse in Ekstase!

Besuch in der Ekstase-Ausstellung

Die Klasse vor dem Kunsmuseum mit der Sonderausstellung "Ekstase"

Vor der Ekstase

Eine spannende Führung durch die Ausstellung.

Gespannte Zuhörer

Auch Fußballfans gerieten mit der "gelben Wand" in Ekstase.

Ekstase in der "gelben Wand"

Vor der religiösen Ekstase.

Religiöse Ekstase

Völlige Ekstase auch unter den Schülern.

Völlige Ekstase

Am 13. Februar 2019 wollten es die Schüler TG 12/1 der Werner-Siemens-Schule Stuttgart ganz genau wissen. In der Sonderausstellung des Kunstmuseums Stuttgart suchten sie Antworten auf mehrere Fragen: Warum streben Menschen zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturen so intensiv nach dem „Außer-sich-Sein“ (das ist die Bedeutung von „Ekstase“). Welche Rolle spielen dabei der Rausch, Drogen und Alkohol, der Tanz, der Schmerz, Sex und Liebe, die Religion, der Sport? Wie spiegeln sich diese Erfahrungen in der Kunst wider?

Viele Antworten fanden die Schüler in einer interessanten Führung. Zu Beginn wollte die Führerin wissen, im Zusammenhang mit welchem Fach die Schüler die Ausstellung besuchten. „Mathematik“, lautete die Antwort, die die Führerin zunächst einmal verwirrte, da sie mit der trockenen „anti-ekstatischen“ Ironie der TG-Schüler nicht vertraut war. Tatsächlich steht das Interesse an der Ausstellung im Zusammenhang mit dem Fach Deutsch. Im Deutschunterricht war diskutiert worden, was eigentlich die drei Pflichtlektüren (E.T.A. Hofmanns „Der goldne Topf“, Goethes „Faust“ und Hermann Hesses „Der Steppenwolf“) gemeinsam haben, in welchem thematischen Kontext sie sich vergleichen lassen. In allen Fällen hat man es mit Figuren zu tun, die mit ihrem „normalen“ bürgerlichen Leben unzufrieden sind, die den starken Drang nach intensiveren Erfahrungen verspüren, die mit verschiedenen Mitteln versuchen, Grenzen zu überschreiten und die Enge ihres Lebens und ihres Bewusstseins zu überwinden.

Anselmus aus dem „goldenen Topf“ findet eine typisch romantische Lösung für sein Problem im Reich der Poesie, Goethes Faust probiert vieles, schließt gar einen Pakt mit dem Teufel, bleibt aber dennoch ein Suchender (zumindest im ersten Teil), Harry Haller, der Steppenwolf, erprobt aus tiefer Verzweiflung und am Rande des Selbstmords neue Erfahrungen, die er im Sex, im ekstatischen Tanz und im Drogenrausch sucht – Lösungen, die ihn einerseits zu einer Identifikationsfigur der Hippie-Bewegung machten und die ihn andererseits sehr nah an die Inhalte der Ekstase-Ausstellung rücken.

Der Konzeption der Ausstellung entsprechend, hatten die Schüler der Werner-Siemens-Schule nach der Führung noch die Gelegenheit, eigene Ekstase-Erfahrungen zu machen, und das mit Mitteln, die weder illegal noch gesundheitsschädlich sind. In der begehbaren Licht-Installation „Light Wall“ sollten ekstatische Zustände mit (technischen) Mitteln erzeugt werden, die zu einer Schule mit dem Schwerpunkt Elektrotechnik passen: Das Blinken einer großen Zahl von Glühbirnen in einer Frequenz zwischen 7 und 12 Hertz soll direkt auf das Befinden des Beobachters einwirken und bei ihm optische und akustische Halluzinationen hervorrufen. Im abschließenden „Dream House“ kann der Besucher das meditative In-sich-selbst-Versinken erleben, begünstigt durch Musik und Licht.

Auch wenn das mit den eigenen Ekstase-Erfahrungen nicht in jedem Fall funktioniert hat, so war es doch ein äußerst anregender und ergiebiger Nachmittag.

 

Dr. Ulrich Nill (Deutschlehrer der Klasse)